IGBCE aktuell -Der niedrige Ölpreis und die Folgen-
Fluch
und Segen zugleich: Der Ölpreis ist weiterhin auf Talfahrt. Was
hierzulande gut für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist, wird für
die Weltwirtschaft zum Problem.
Die Preise für Rohöl auf dem
Weltmarkt befinden sich weiterhin im freien Fall. Mit Preisen von unter
30 Dollar pro Barrel liegen sie derzeit so tief wie zuletzt vor der
zweiten Ölkrise im Jahr 1979. Zum Vergleich: Noch im Juni 2014 kostete
ein Barrel Nordseeöl der Sorte Brent 115,7 Dollar.
Der Grund für
den Preisverfall liegt auf der einen Seite in der sinkenden Nachfrage,
bedingt durch weniger Wachstum in China und einem milden Winter in
Europa und Nordamerika. Demgegenüber steht ein weltweites Überangebot an
Rohöl, vor allem weil die USA seit Jahren immer mehr Schieferöl
fördern. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) reagiert
auf die sinkenden Preise im Vergleich zu früheren Jahren nicht mit
geringeren Fördermengen, sondern kämpft mit Rabatten um ihre
Marktanteile. Dieses Überangebot wird sich in naher Zukunft noch
erhöhen, da der Iran nach dem Wegfall der internationalen Sanktionen mit
seinem Öl auf den Weltmarkt drängt. Die Internationale Energieagentur
IEA geht davon aus, dass der Ölpreis auch in den kommenden Monaten
weiter sinken wird.
Verbraucher freuen sich
Für
Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft in Deutschland ist
diese Entwicklung erst einmal positiv. Heizen und Autofahren wird immer
billiger. Laut Mineralölwirtschaftsverband haben die deutschen
Autofahrer und Heizölkunden allein im Jahr 2015 insgesamt 13,5
Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr gespart. Geld, das an anderer
Stelle ausgegeben werden kann. Auch die Erdölintensive Industrie
profitiert von den günstigen Preisen.
Das billige Öl sorgt so für
eine enorme Umverteilung und wirkt wie ein kleines Konjunkturprogramm.
Vor allem in Kombination mit einem schwachen Euro bringt diese
Entwicklung der deutschen Wirtschaft mehr Wachstum und Arbeitsplätze.
„Die niedrigen Zinsen, der Euro-Kurs und der Ölpreis verschaffen
der deutschen Wirtschaft derzeit Rückenwind“, sagt Marijn Dekkers,
Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI).
Gefahr für die Weltwirtschaft
International
würde ein dauerhafter Preisverfall auf dem Ölmarkt allerdings zu großen
Problemen führen – wirtschaftlich, politisch und sozial. Die großen
ölproduzierenden Staaten spüren die Folgen schon heute.
Volkswirtschaften, die komplett vom Öl abhängig sind, wie Venezuela oder
Ecuador stehen kurz vor dem Staatsbankrott. In Russland und Saudi-Arabien
hat der niedrige Ölpreis schwere Haushaltskrisen ausgelöst, Moskau
musste seinen Staatshaushalt gerade um zehn Prozent kürzen. Auch Länder
wie Nigeria, Algerien oder Libyen könnten durch Sparmaßnahmen im
sozialen Bereich destabilisiert werden.
Finanzexperten warnen
zudem vor einer neuen Spekulationsblase in den Vereinigten Staaten. Hier
hat die Förderung von Schieferöl und -gas mit der Fracking-Technologie
einen regelrechten Investitionsboom ausgelöst. Vielen Unternehmen droht
allerdings jetzt aufgrund der niedrigen Ölpreise die Pleite. Ein
Zusammenbruch der Fracking-Industrie könnte einen Domino-Effekt auslösen.